Kurz analysiert
Die #FactoryWisskomm erarbeitete “Handlungsperspektiven für die Wissenschaftskommunikation”. Deren Bedeutung für die Hochschulkommunikation diskutierten drei Gesprächspartner auf der Jahrestagung des Bundesverbandes für Hochschulkommunikation mit dem Panel: #FactoryWisskomm und was nun?“. Allen war klar: Wissenschaftskommunikation muss stärker institutionell verankert werden. Und es bedarf mehr Anerkennung für Wissenschaftskommunikation. Input könnte dazu aus Ländern kommen, wo Wissenschaftskommunikation schon weiter ist. Dort gibt es Units, die speziell dafür verantwortlich sind. Nicht jede*r Forschende müsse kommunizieren. Auf die Qualität und den richtigen Anlass komme es an. Dennoch sei Kommunikation und Public Engagement zumindest bei Professuren ein Kriterium bei der Einstellung. Der nächste Schritt sei nun die Umsetzung der Inhalte der #FactoryWisskomm.
FactoryWisskomm Muss jede*r Wissenschaftler*in kommunizieren? Wo ist Wissenschaftskommunikation und Public Engagement institutionell verankert? Darüber und was die Ergebnisse der #FactoryWissKomm konkret für die Hochschulkommunikation bedeuten, diskutierten Vertreter*innen aus der Politik, Forschung und dem Journalismus.
Wissenschaftskommunikation im deutschen Wissenschaftssystem grundsätzlich zu verankern und zu professionalisieren: dieses Ziel hatte sich das Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) im Herbst 2019 mit seinem Grundsatzpapier zur Wissenschaftskommunikation gesetzt. In der #FactoryWisskomm haben etwa 150 Expert*innen, darunter die Leitungen der Wissenschaftsorganisationen, zehn Monate lang in sechs Arbeitsgruppen konkrete Handlungsempfehlungen zu den Themenfeldern Kompetenzaufbau, Anerkennung und Reputation, Qualität, Forschung sowie Partizipation und Wissenschaftsjournalismus erarbeitet. Diese Handlungsempfehlungen wurden im Sommer 2021 vorgestellt. Die Jahrestagung des Bundesverbandes für Hochschulkommunikation griff diese mit dem Panel: #FactoryWisskomm und was nun?“ auf. Die Panelist*innen tauschten sich darüber aus, was die #FactoryWisskomm konkret für die Hochschulkommunikation bedeutet.
Auf dem Panel diskutierten Cordula Kleidt, Referatsleiterin Wissenschaftskommunikation im BMBF. Julia Wandt, die auf Rektoratsebene an der Albert-Ludwigs-Universität Freiburg den Geschäftsbereich Strategieentwicklung Wissenschaftskommunikation verantwortet. Thisbe K. Lindhorst, Geschäftsführende Direktorin am Otto-Diels-Institut für Organische Chemie der Universität Kiel und Martin Spiewak, Journalist bei DIE ZEIT im Ressort Wissen. Oliver Häußler, Universität Tübingen / grasshopper kreativ moderierte das Panel.
Wissenschaftskommunikation ja, aber wie?
Darüber, dass Wissenschaftskommunikation in Forschungsinstitutionen stärker verankert werden muss, herrscht Einigkeit bei den Panelist*innen. Über die genaue Umsetzung nicht. Thisbe Lindhorst ist in engem Kontakt mit Wissenschaftler*innen. Aus Erfahrung weiß sie, dass nicht jede*r ein Kommunikationsprofi ist: „Man muss an die einzelnen Typen von Forschenden denken.“ Chemiker und Chemikerinnen würden sich weniger Gedanken über die Kommunikation der Frage machen: „Welche Rolle spielt Wissenschaft und wie funktioniert sie?“, sondern würden eher für ihre Forschungsergebnisse werben. Sie plädierte dafür, Wissenschaftskommunikation denen zu überlassen, die es können. Fachwissen ist notwendig, um die richtigen Formate zu wählen. Es brauche auch die Kompetenz, zum richtigen Zeitpunkt zu kommunizieren, sagte Martin Spiewak.
Forschende unterstützen
Dazu eine Frage aus dem Publikum: „Wenn nun deutlich mehr Forschende (angenommen gut) kommunizieren als bisher, verstärkt das den ohnehin schon vorhanden Information Overload. Wie gehen wir also damit um? Wie schaffen wir das Qualitätsmanagement?“ Julia Wandt antwortete darauf, dass Reflexion notwendig sei. Kommunikationsabteilungen müssten Wissenschaftler*innen begleiten und sie unterstützen. Dazu gehöre auch die Überlegung darüber, was angemessen sei, zu kommunizieren.
Neue Gesetze für mehr Anerkennung
Die Visionen sind da. Doch wie lässt sich Wissenschaftskommunikation praktisch umsetzen, dass sie für Wissenschaftler*innen kein Add on ist? Für Julia Wandt ist klar, dass Anerkennungssysteme geschaffen werden müssen – zum Beispiel finanzieller Art, aber dies ist nur eines von vielen Handlungsfeldern. Für eine andere Form der Anerkennung – die Anerkennung von Wissenschaftskommunikation in Berufungsverfahren, brauche es laut Julia Wandt zudem Gesetzesänderungen. Wissenschaftskommunikation sollte außerdem an den Institutionen mit deren strategischer Entwicklung verbunden sein. Neben Forschung und Lehre sollte die Wissenschaftskommunikation mehr Anerkennung bekommen für den Karriereweg von Wissenschaftler*innen.
Dazu sei Kompetenzaufbau wichtig, so Martin Spiewak. Wissenschaftler und Wissenschaftlerinnen sollten in der Lage sein, ihre Forschung in zwei Minuten zu erklären. Dann könne weitergeschaut werden, wer was gut kann. Es stehen Forderungen im Raum (nicht von der #FactoryWisskomm), dass die Forschenden einen Tag pro Woche in den Dialog mit der Gesellschaft treten sollten. Das brauche es nach Martin Spiewak nicht. Cordula Kleidt merkte an, dass das nicht jede*r machen müsse. Sie betonte, dass Public Engagement einen großen Mehrwert für alle Beteiligten habe.
Kommunizieren fürs eigene Renommee
Wissenschaftler*innen brauchen für die Wissenschaftskommunikation Unterstützung. Aus Thisbe Lindhorst Erfahrung heraus, werde zum Beispiel das Kommunikationstraining gut angenommen. Wobei Männer eher über ihre eigene Forschung kommunizieren würden. „Das klingt nun sehr provokant, aber Männer machen das für ihr eigenes Renommee.“ Dabei wäre es eher angebracht grundsätzlich darüber zu kommunizieren, wie Wissenschaft funktioniert. Das würde auch das Verständnis in der Gesellschaft und damit die Demokratie stärken.
Bei der Einstellung von Post Docs sei Wissenschaftskommunikation noch kein Kriterium, bei der Besetzung von Professuren inzwischen schon, erläuterte Thisbe Lindhorst. Keine*r könne es sich mehr leisten, dass Wissenschaftskommunikation und Public Engagement nicht von Interesse sind. Julia Wandt betonte als Reaktion auf eine Frage aus dem Publikum, dass ein Engagement in der Wissenschaftskommunikation kein Nachteil für eine Karriere in der Wissenschaft sei, ganz im Gegenteil. Cordula Kleidt fügte hinzu: „Es soll kein Widerspruch zur Exzellenz sein.“ Im Fokus müsse bei der Berufung die Forschung stehen, so Martin Spiewak und merkte an: „Public Engagement sollte die dritte Rolle spielen.“
Inspiration von auswärts
Wo könnten Public Engagement und Wissenschaftskommunikation verankert werden? Ein Vorbild zur institutionellen Verankerung kann die UK sein. Cordula Kleidt berichtete von Helen Featherstone, die auf dem First Steps Symposium sprach, einem Symposium für Vernetzung und Austausch im Public Engagement, organisiert von der Berlin School of Public Engagement and Open Science sowie von grasshopper kreativ. Helen Featherstone erzählte dort Anfang September von ihren Erfahrungen als Leiterin der Public Engagement Unit an der Universität Bath.
Wünsche für die FactoryWisskomm
Wissenschaftskommunikations- sowie Public Engagement-Verantwortliche brauchen eine Ausbildung. Zum Beispiel darüber, wie Formate richtig aufgesetzt werden oder wie eine Strategie entwickelt wird. Können das die Kommunikationsabteilungen leisten? Oder ist es nicht doch sinnvoller dafür eine eigene Unit aufzubauen? Für Julia Wandt ist die Schnittstelle zwischen Wissenschaft und Gesellschaft klar die Kommunikationsabteilung an den Hochschulen.
Dass Public Engagement und Wissenschaftskommunikation weiter ausgebaut werden soll und die Handlungsempfehlungen der #FactoryWisskomm mit Leben gefüllt werden soll, ist der Wunsch aller Panelist*innen:
Cordula Kleidt: „Es gilt jetzt, die Handlungsperspektiven der #FactoryWisskomm umzusetzen und uns über Best Practice auszutauschen. Dabei brauchen wir auch die Länder.“
Julia Wandt: „Der nächste Schritt für die Handlungsempfehlungen der #FactoryWisskomm ist deren konsequente Umsetzung.“
Thisbe Lindhorst: „Die Wissenschaft darf die Gesellschaft nicht verlieren. Wissenschaftskommunikation ist fundamental für die Zukunft.“
Martin Spiewak: „Es muss klar sein, wie die #FactoryWisskomm umgesetzt wird. Auch die Aktivitäten der Wissenschaftskommunikation müssen kommuniziert werden.“
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